Sind Sie bereit für den Umgang mit digitalen Vermögenswerten?

Die derzeitige Entwicklung einer dezentralen Finanzindustrie bringt es mit sich, dass Banken zunehmend mit Vermögenswerten konfrontiert sind, die direkt oder indirekt an Vermögenswerte gekoppelt sind, die von dezentralen Plattformen stammen. Einige Banken haben bereits damit begonnen, interne Lösungen zu implementieren, und verfügen über die nötigen Instrumente und Verfahren für ein vollständig digitales Onboarding digitaler Vermögenswerte sowie für deren Aufbewahrung – oder sie nutzen White-Label-Lösungen bestehender Anbieter. Andere warten die kommenden Entwicklungen ab oder unternehmen gar nichts. Alle Banken sind jedoch mit Situationen konfrontiert, in denen zumindest einige Kunden Vermögenswerte einbringen möchten, die zuvor auf dezentralem Weg generiert worden sind.

Digitale Vermögenswerte können aus einer Vielzahl von Quellen stammen. So könnte ein Bankkunde beispielsweise zuvor in Krypto-Werte investiert und Gewinne erzielt haben, die er nun umwandeln und auf sein Konto einzahlen möchte. Ein weiteres Beispiel könnte sein, dass der Kunde Einkünfte oder ein Gehalt in Form von Blockchain-Tokens erhält oder dass ein Unternehmen über ein Initial Coin Offering (ICO) Geld aufgenommen hat. Durch die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet des dezentralen Finanzwesens können für Kunden auch die Erzielung von Gewinnen durch DeFi-Renditen oder die Generierung von Einsatzprämien eine zusätzliche Einnahmequelle bilden. Banken weigern sich oft, derartige Vermögenswerte zu akzeptieren. Lassen Sie uns deshalb einen genaueren Blick auf die rechtlichen Aspekte werfen und prüfen, ob es zulässig ist, solche Anlagen unter Verwaltung zu nehmen.

Hat Ihr Unternehmen stets den Überblick über alle regulatorischen und gesetzlichen Veränderungen im Zusammenhang mit dem Onboarding und der Betreuung von Unternehmen und Privatpersonen, die mit dem dezentralen Finanzwesen zu tun haben?

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, die FATF und andere einschlägige Organisationen haben verschiedene Vorschriften und Richtlinien erlassen, die ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen bei der Entwicklung interner Richtlinien für das Onboarding von digitalen Vermögenswerten befolgen sollte. Nachfolgend aufgeführte Dokumente sind in der Entwicklung interner Richtlinien für den Umgang mit digitalen Vermögenswerten zwingend zu berücksichtigen:

  • FINMA-Wegleitung für Anfragen zum regulatorischen Rahmen für Initial Coin Offerings (ICOs) vom Februar 2018
  • Ergänzung der FINMA-Wegleitung für Anfragen zum regulatorischen Rahmen für Initial Coin Offerings (ICOs) vom September 2019
  • FINMA-Aufsichtsmitteilung 02/2019 «Zahlungsverkehr auf der Blockchain» vom August 2019
  • SBVg «Leitfaden zur Eröffnung von Firmenkonti für Blockchain-Unternehmen» vom September 2018, aktualisiert im August 2019
  • FATF-Leitlinien für einen risikobasierten Ansatz im Umgang mit virtuellen Vermögenswerten und Anbietern virtueller Vermögenswerte vom Juni 2019
  • FATF-Bericht «Virtuelle Vermögenswerte – Red-Flag-Indikatoren für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung» vom September 2020
  • FATF-Bericht «Zweite 12-Monats-Überprüfung der revidierten FATF-Standards – virtuelle Vermögenswerte und Dienstleister für virtuelle Vermögenswerte» vom Juli 2021
  • Capital Markets and Technology Association, Bericht «Anti-Geldwäsche-Standards für digitale Vermögenswerte» vom Oktober 2018
  • Basel Committee on Banking Supervision (BCBS), Bericht «Die richtige Behandlung von digitalen Vermögenswerten», 2019

Eine zentrale Anforderung ist, dass die Compliance-Abteilungen von Banken die Risiken verstehen, die mit dem Onboarding von Krypto-Kunden und deren Vermögenswerten einhergehen. Erforderlich sind zudem eine entsprechende Infrastruktur und eine Due Diligence, um das Onboarding illegaler Vermögenswerte zu verhindern und risikoreiche Transaktionen zu überwachen und zu dokumentieren.

Falls Ihr Unternehmen Krypto-Gelder akzeptiert und Krypto-Transaktionen durchführt: Verfügt es über alle erforderlichen Genehmigungen der Aufsichtsbehörden?

Werden Vermögenswerte angenommen, die zwar Fiat-Charakter, aber eine Krypto-Herkunft haben, muss eine Bank einerseits über das nötige Verständnis und andererseits über die internen oder externen Ressourcen verfügen, um die erforderlichen Compliance-Verfahren für solche Kunden und Transaktionen durchzuführen. Falls eine Bank oder ein Intermediär im Zusammenhang mit digitalen Vermögenswerten Dienstleistungen anbieten will, muss sie/er zuerst die erforderliche Genehmigung und/oder Lizenz von der Aufsichtsbehörde einholen.

Krypto-Annahmeverfahren und Bereitschafts-Checkliste

Wenn eine Bank oder ein Intermediär beschlossen hat, kryptobezogene Dienstleistungen anzubieten oder mit Krypto-Vermögenswerten zu handeln, empfehlen wir dem betreffenden Unternehmen dringend, folgende Punkte zu beachten:

  • Legen Ihre Anti-Geldwäscherei-Richtlinien klare Regeln für den Umgang mit Unternehmen und Einzelpersonen fest, die mit digitalen Vermögenswerten und dezentraler Finanzierung im Zusammenhang stehen?
  • Bestehen interne Verfahren, gemäss denen Compliance-Beauftragte und Kundenbetreuer die jeweilige Risikostufe bewerten bzw. festlegen und entscheiden können, ob die betreffenden Kunden akzeptiert werden?
  • Verfügt die Organisation über die technische Expertise, um die historische Nutzung von Wallets und ihre Kopplung an Aktivitäten auf dezentralen Plattformen zu verfolgen, zu analysieren und zu interpretieren?
  • Wurden Kriterien entwickelt, die die Risikostufe von Transaktionen berücksichtigen, die mit dem dezentralen Finanzwesen zusammenhängen?
  • Verfügt Ihr Unternehmen über die notwendigen Systeme, um Transaktionen nachzuverfolgen, die mit dem dezentralen Finanzwesen zusammenhängen?
  • Verfügen die Compliance-Mitarbeitenden über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, um den Onboarding- und den Transaktions-Überwachungsprozess zu kontrollieren?
  • Nehmen Sie die Unterstützung unabhängiger Experten in Anspruch?
  • Eignet sich Ihr internes Kontrollsystem für den Umgang mit Kunden und Transaktionen, die mit digitalen Vermögenswerten im Zusammenhang stehen?
  • Werden die Mitarbeitenden regelmässig zu Themen geschult, die einen Bezug zu den Risiken und den regulatorischen Anforderungen im Umgang mit dem dezentralen Finanzwesen haben?

Wie Sie feststellen werden, benötigen der Prozess der Anpassung an die kryptorelevanten Dienstleistungen oder auch nur die Verfahren für das Onboarding kryptorelevanter Kunden eine beträchtliche Menge an internen Ressourcen und Vorbereitung. Zugleich sollten Sie als Intermediär davon ausgehen, dass Ihre Organisation früher oder später immer häufiger solche Anfragen erhalten wird.

18.11.2021