Der Finanzdienstleistungssektor befindet sich spätestens seit Anfang der Pandemie in einer umfassenden digitalen Transformation. Mit den kürzlich angeordneten weitreichenden Sanktionen wird deutlich dass diese Transformation längst nicht abgeschlossen ist. Der manuelle Aufwand, um die Sanktionen umzusetzen, ist enorm und die Komplexität der Anforderungen legt klare Schwachstellen offen. Aufgrund von fehlenden Standards seitens der supranationalen Organisationen und Staaten, welche im Wochenrhythmus die Anforderungen und den Umfang der sanktionierten Personen, Unternehmen oder Handelsgüter anpassen, steht die Datenqualität sowie der bestehende Umfang (zu wenig) von geeigneten Kundendaten quer in der Landschaft.
Ein baldiges Ende der Sanktionen ist nicht absehbar. Vielmehr sorgt die angespannte geopolitische Lage dafür, dass der Umgang mit Sanktionen weiterhin einen prominenten Platz in der Tagesordnung jedes Finanzinstituts einnehmen wird.
Digitalisierung: Nichts geht ohne Prozesse, Daten und Kontrollen
Neben der Datenqualitäts- und -verfügbarkeitsproblematik sind auch die Prozesse und Kontrollen oftmals ungeeignet, um den erhöhten aufsichtsrechtlichen Anforderungen unmittelbar gerecht zu werden. Aufgrund der Kurzfristigkeit, in denen Sanktionen umgesetzt werden müssen, sowie aufgrund der dauernd ändernden Vorgaben und entsprechenden Auslegungen, sind Instruktionen per E-Mail und Hotlines mittelfristig ungenügend für ein effektives Risikomanagement. Das Vertrauen in eine hohe Datenqualität ist deshalb für ein effektives Risikomanagement die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Umgang mit Sanktionen. Gleichzeitig wachsen die mit der mangelnden Datenqualität verbunden Kosten immer stärker. Abgesehen von Ineffizienzen im operativen Geschäft führt das Nichteinhalten aufsichtsrechtlicher Vorschriften aufgrund schlechter Datenqualität zu hohen Kosten mit bleibenden Reputationsfolgen.
Führen die aktuellen Entwicklungen zu einer Reduktion der Komplexität der Geschäftsmodelle?
Die Entwicklungen der letzten Wochen haben gezeigt, dass die Umsetzung von Sanktionen mit diesen weitreichenden Vorgaben auch bestehende Digitalisierungsvorhaben herausfordern. Eine Reduktion der Komplexität der Geschäftsmodelle und eine stringentere Umsetzung der Strategie hinsichtlich der Kunden, Märkte sowie der Produkt- und Dienstleistungsangebote scheint unumgänglich. Insgesamt wird die Komplexität jedoch zunehmen. Dazu tragen auch Themen wie etwa Nachhaltigkeit, welches ebenfalls beinah täglich neu definiert wird, bei. Hier sieht man, dass die Vorgaben dazu einen direkt Link zur Geopolitik und daraus entstehenden Sanktionen insbesondere zum Thema Energie haben. Zusätzlich steigen die Cyber-Risiken im heutigen Marktumfeld, was ebenfalls Auswirkungen auf die Art und Weise hat, wie sich die Geschäftsmodelle künftig gestalten werden.