Die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) hat im August 2025 erstmals einen Negativtypologien-Bericht veröffentlicht. Während der klassische Typologiebericht Finanzintermediären anhand konkreter Fälle aufzeigt, wann eine Meldung notwendig ist, beschreibt der neue Bericht Konstellationen, in denen eine Meldung nicht angezeigt ist. Ziel ist es, die zunehmende Tendenz zum «Defense Reporting» einzudämmen – also Meldungen, die nicht auf einem tatsächlich begründeten Verdacht beruhen, sondern primär der Absicherung gegenüber aufsichts- oder strafrechtlichen Risiken dienen.
MROS richtet Fokus auf Defense Reporting
Die MROS hält fest, dass viele Meldungen auf allgemeinen Risikofaktoren wie komplexen Strukturen oder Medienberichten beruhen, ohne dass ein klarer Bezug zu deliktisch erlangten Vermögenswerten besteht. Solche Meldungen tragen nach ihrer Einschätzung wenig zur Wirksamkeit der Geldwäschereibekämpfung bei und binden Ressourcen, die für substanzielle Fälle benötigt werden.
Das Melderecht nach Art. 305ter StGB bleibt zwar unverändert, war jedoch schon bisher nicht für vorsorgliche Meldungen ohne klare Grundlage gedacht. Faktoren wie die Pflicht zur unverzüglichen Meldung, die Definition des begründeten Verdachts, die Senkung der Meldeschwelle durch die Gerichte oder die Sorge vor Sanktionen haben dennoch dazu geführt, dass Finanzintermediäre im Zweifel eher melden, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Gleichzeitig ist der Aufwand bei einer bewussten Nicht-Meldung erheblich, da diese detailliert begründet und dokumentiert werden muss. Diese Konstellation reduziert die Anreize, auf Defense Reporting zu verzichten, und dürfte sich auch mit der neuen Handhabung kaum verändern.
Die MROS betont, dass nicht jeder Verdacht automatisch eine Pflichtmeldung auslöst. Eine Meldung nach Art. 9 GwG ist erst erforderlich, wenn konkrete Tatsachen auf eine mögliche Vortat und einen Zusammenhang mit deliktisch erlangten Vermögenswerten hinweisen – also wenn die Schwelle zum begründeten Verdacht tatsächlich erreicht ist. Eine Meldung nach Art. 9 GwG solle daher nur erfolgen, wenn ein begründeter Verdacht vorliege, der sich auf objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte stütze.
Meldungen, die lediglich auf allgemeinen Auffälligkeiten beruhen, etwa einem abgebrochenen Onboarding ohne Geldfluss, genügen diesen Anforderungen nicht. Zugleich hebt die MROS hervor, dass die Pflicht zur sorgfältigen Abklärung gemäss Art. 6 GwG bereits zuvor bestand. Der Bericht führt somit keine neuen materiellen Pflichten ein, sondern unterstreicht die Bedeutung einer präzisen Beurteilung und nachvollziehbaren Dokumentation – Aspekte, die für Finanzintermediäre angesichts der bestehenden Anreizstrukturen weiterhin anspruchsvoll bleiben.
Praktische Herausforderungen
In der Praxis bleiben Unsicherheiten. So konnte in der Vergangenheit vereinzelt die Erfahrung gemacht werden, dass Aufsichtsorganisationen teilweise erwarten, dass eine Meldung erfolgt, sobald etwa ein Durchsuchungsbefehl umgesetzt wird, selbst dann, wenn dem Finanzintermediär aus der eigenen Dokumentation oder dem Transaktionsverhalten des Kunden keine Hinweise auf eine Straftat vorliegen. Dies kann im Widerspruch zur Sichtweise der MROS stehen und erschwert die einheitliche Umsetzung. Eine bessere Abstimmung zwischen MROS und Aufsichtsorganisationen könnte dazu beitragen, zukünftig mehr Klarheit für die Praxis zu schaffen.
Gerade kleinere Institute stehen vor besonderen Herausforderungen. Die von der MROS geforderte, strukturierte Aufbereitung der Abklärungen setzt rechtliches Know-how und Subsumptionstechniken voraus. Gezielte Schulungen oder der Einbezug externer Expertise können helfen, diese Anforderungen angemessen zu adressieren.
Fazit
Die MROS stellt mit dem Negativtypologien-Bericht die sorgfältige Anwendung der Meldepflicht in den Vordergrund und macht deutlich, dass Meldungen auf klaren und objektiv nachvollziehbaren Fakten basieren sollten, während rein vorsorgliche Meldungen ohne konkrete Grundlage vermieden werden sollten. Der Ansatz der MROS ist plausibel: Qualität vor Quantität. Weniger, dafür fundierte Meldungen verbessern die Effizienz der Kriminalitätsbekämpfung.
Bei den Finanzintermediären dürften die Anreize zu einer Defense-Reporting-Haltung unverändert bleiben. Gleichzeitig steigt der Druck auf die Institute, da Meldungen noch besser begründet und intern sauber dokumentiert werden müssen. Für kleinere Institute bedeutet dies einen erheblichen Mehraufwand. Wenn die gesetzlichen Grundlagen unverändert bleiben, wird sich zeigen, inwiefern diese Botschaft der MROS die Qualität der Meldungen langfristig beeinflussen wird.