Teures Telefonat: Mündliche Vertragsabschlüsse bei Hypotheken

Herr Meier erhält einen Anruf von seiner Bank: Seine Festhypothek läuft demnächst aus und die Bank schlägt vor, diese wiederum für 10 Jahre zu einem neuen Zins von 1.3% abzuschliessen. Herr Meier willigt ein, beträgt sein aktueller Zins doch 3%. Voller Freude über das gute Geschäft bestätigt er den Abschluss seinem Kundenbetreuer auch noch per E-Mail.

Kurz darauf sieht Herr Meier ein verlockendes Inserat für eine 10-jährige Festhypothek zu 1% und möchte nun lieber dieses Angebot annehmen. Er informiert seine Bank entsprechend, dass er sich anders entschieden habe und die besprochene Verlängerung doch nicht mehr benötige. Die Bank erklärt Herrn Meier sogleich, dass die Vertragsverlängerung bereits abgeschlossen sei und er nicht ohne Kostenfolgen aussteigen könne. Ein Schock, hat er doch noch gar nichts unterschrieben.

Wann gilt ein Vertrag als abgeschlossen?

Ein Vertrag gilt gemäss Obligationenrecht als abgeschlossen, wenn sich die Vertragsparteien über sämtliche wesentliche Vertragspunkte geeinigt haben. Gemäss Erwägungen des Bundesgerichts gilt bei «Fragen des Konsenses und der Auslegung der Grundsatz des Primats des subjektiv übereinstimmend Gewollten vor dem objektiv Erklärten, subjektiv aber unterschiedlich Verstandenen». Im Auslegungsstreit prüft das Gericht, ob sich die Vertragsparteien «tatsächlich übereinstimmend geäussert, verstanden und in diesem Verständnis geeinigt haben». Wenn das zutrifft, liegt ein tatsächlicher Konsens vor.

Gültigkeit von Verträgen

Mit Urteil vom 17. Januar 2018 hat das Bundesgericht entschieden, dass ein Hypothekarvertrag bereits mündlich gültig zustande gekommen ist. Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. Die meisten Verträge können deshalb auch mündlich abgeschlossen werden. Die Gewährung des Hypothekarkredits erfolgt unter einem Darlehensvertrag, der grundsätzlich formfrei gültig ist. Ist jedoch für einen Vertrag, der vom Gesetz an keine Form gebunden ist, die Anwendung einer solchen vorbehalten worden, so gilt die Vermutung, dass die Parteien vor Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen. Die Vereinbarung von Formvorbehalten kann beispielsweise durch konkludentes Verhalten erfolgen, wie etwa die Zustellung von unterzeichneten Vertragsdoppeln. Wenn hingegen die schriftliche Form erst nach Einigung über den Vertragsinhalt verabredet worden ist, ist die Vermutung nicht anwendbar; die schriftliche Form dient dann allenfalls der Beweissicherung.

Beweispflicht

Die Beweispflicht für den vertraglichen Formvorbehalt trägt jene Partei, die sich auf die Unwirksamkeit des mündlich Vereinbarten beruft. Wenn sich der Kunde und die Bank somit am Telefon über die wesentlichen Vertragspunkte einigen, gilt die spätere Zustellung und Gegenzeichnung des schriftlichen Vertrages nur noch als Bestätigung des bereits mündlich geschlossenen Vertrages. Die Frage, ob sich die Parteien über den neuen Vertrag bereits am Telefon geeinigt haben, kann der Bankenombudsmann in den meisten Fällen nicht abschliessend klären, da solche Gespräche normalerweise ohne Zeugen stattfinden und auch nicht zwingend aufgezeichnet werden. Es gibt in der Regel auch keine Unterlagen, welche Klarheit schaffen könnten. Deshalb gilt der Grundsatz, dass diejenige Partei, welche das Zustandekommen des Vertrages behauptet, auch beweisen muss, dass tatsächlich ein Vertrag geschlossen worden ist.

Wie kann die Bank ihre Kunden schützen?

Nicht zuletzt dank des Bestätigungsemails von Herrn Meier kann die Bank relativ einfach belegen, dass dieser mit den Vertragsbedingungen einverstanden war. Herr Meier muss also den Vertrag erfüllen, oder die entsprechenden Ausstiegskosten tragen. Die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung kann schnell mehrere zehntausend Franken ausmachen.

Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte die Bank jedoch den Kunden explizit über den bevorstehenden mündlichen Vertragsabschluss aufklären und mit der Zustellung des Vertragsdokuments nicht allzu lange warten. Die Bank ist gut beraten, dem Kunden klar aufzuzeigen, wie sich die Ausstiegskosten genau berechnen, weil das vielen Kunden oft nicht bewusst ist. Damit schützt die Bank letztlich auch ihre Reputation.

26.08.2021