Zunehmende Bedeutung der Meldepflicht nach Art. 9 Abs. 1 lit. a GwG
Laut MROS-Jahresbericht 2023 hat innerhalb der letzten Jahre die Bedeutung der Meldepflicht nach Art. 9 Abs. 1 lit. a GwG gegenüber dem Melderecht nach Art. 305ter Abs. 2 StGB zugenommen. Im Jahr 2023 stieg die Anzahl der erstatteten Meldungen gestützt auf die Meldepflicht im Sinne des vorgenannten Artikels im Vergleich zum Vorjahr von 62.8% auf 70.4%. Von der MROS wird angenommen, dass diese Entwicklung u.a. eine Folge des Inkrafttretens der GwG-Revision per 1. Januar 2023 ist, da seither in Art. 9 Abs. 1quarter GwG der begründete Verdacht definiert ist.
Im Zusammenhang mit der zunehmenden Relevanz der Meldepflicht ist auch die in Art. 37 GwG verankerte Strafbarkeit für vorsätzlich oder fahrlässig unterlassene und verspätete Meldungen bei gegebener Meldepflicht zu berücksichtigen. Laut Art. 33 FINMAG kann zudem ein Berufsverbot drohen. Die GwG Enforcement-Statistik 2023 der FINMA widerspiegelt die mittlerweile erlangte Praxisrelevanz der Strafbarkeit nach Art. 37 GwG, auch bei fahrlässiger Meldepflichtverletzung.
Verdachtsschwelle der Meldepflicht
Wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, haben Finanzintermediäre nach Art. 9 GwG die Pflicht, dies der MROS zu melden. Bei einfachem Verdacht hingegen kann das Melderecht nach Art. 305ter Abs. 2 StGB in Anspruch genommen werden.
Gemäss der Definition nach Art. 9 Abs. 1quarter GwG liegt ein begründeter Verdacht vor, wenn dieser auf einem konkreten Hinweis oder mehreren Anhaltspunkten basiert, und dieser Verdacht nicht mittels zusätzlicher Abklärungen ausgeräumt werden kann. Damit wurden bei der letzten GwG-Revision die Anhaltspunkte explizit in der Meldepflicht verankert und eine gesetzliche Grundlage entsprechend der bereits mehrfach bestätigten «simple-doute»-Rechtsprechung geschaffen. Laut dieser genügt bereits ein einfacher Zweifel an der Legalität der Vermögenswerte, um eine Meldepflicht auszulösen, wenn im Rahmen von Hintergrundabklärungen der Verdacht nicht enthärtet werden kann.
Das Melderecht hingegen findet gemäss Gesetzeswortlaut lediglich für «Wahrnehmungen, die darauf schliessen lassen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren» Anwendung.
Die «simple-doute»-Rechtsprechung und die gesetzliche Definition der Meldepflicht haben damit zu einer Senkung der Verdachtsschwelle bei der Meldepflicht geführt und dadurch zu einer abnehmenden Bedeutung des Melderechts.
Laufende GwG-Revision: Einschränkungen im Gesetzesentwurf betreffend Verfolgung fahrlässiger Meldepflichtverletzungen
In der Botschaft zur Weiterentwicklung der Geldwäschereibekämpfung, welche vom Bundesrat im Mai 2024 veröffentlicht wurde, wird erörtert, dass die Strafbarkeit der fahrlässigen Verletzung der Meldepflicht von einem Teil der Lehre sowie von zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern des Finanzsektors kritisiert wird. Dies, da Bankmitarbeitende im Bereich Compliance sehr häufig Entscheidungen darüber treffen müssen, ob noch weitere Abklärungen getroffen werden oder ein Verdacht an die MROS gemeldet werden soll. Wobei der Begriff des begründeten Verdachts im konkreten Fall nicht immer eindeutig anwendbar sei. Laut Art. 37 Abs. 2 E-GwG muss daher die Strafverfolgungsbehörde, d.h. der Rechtdienst des EFD oder das Bundesstrafgericht, künftig in leichten Fällen auf die Strafverfolgung und die Bestrafung verzichten.